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Antizyklischer Tradingansatz

Iim Artikel „Der perfekte Einstieg“ habe ich Ihnen ein paar meiner Gedanken zum Thema Kursverläufe dargelegt, Gedankengänge die für mich als Trader logisch klingen und die ich mit mir plausiblen Argumenten untermauern konnte. Solche Gedankengänge bilden eine gute Grundlage für eine eigene Marktphilosophie, auf die wir eine entsprechende Handelssystematik aufsetzen können.

Mit Blick auf den ersten Artikel befinden wir uns folglich mitten in der Thematik, eine antizyklische Tradingstrategie zu entwickeln und der Sprung zu einem ersten Ansatz ist gar nicht weit. Wir müssen hierzu lediglich die allgemeinen Gedankengänge in Charts und Charttechnik umwandeln. Dazu fassen wir an dieser Stelle noch einmal die wesentlichen Punkte des ersten Beitrags zusammen:

1. Wir wollen uns immer gegen die aktuelle Bewegungsrichtung positionieren und

2. nur dann eine Position eingehen, wenn das Angebot (longtrade) oder die Nachfrage (shorttrade) versiegt.

Natürlich wissen wir an dieser Stelle noch nicht, ob sich diese Gedankengänge tatsächlich am Markt wiederfinden und vor allem auch profitabel handeln lassen, jedoch ist es ein Anfang. Erreichen wir aber unser Ziel, umso gefestigter werden wir in den tatsächlichen Handel gehen, denn unsere Handelsstrategie basiert auf für uns logischen Argumenten und das weckt unheimliches Vertrauen. Als erstes wandeln wir unsere beiden Schwerpunktgedanken in die passenden charttechnischen Elemente um. Sich gegen die aktuelle Marktrichtung positionieren zu wollen heißt nichts anderes, als der Regel „kaufe, wenn die Kurse fallen“ oder „verkaufe, wenn die Kurse steigen“ zu folgen. Fällt also ein Markt, bin ich nur auf der Suche nach Longeinstiegen, steigt der Markt, bin ich auf der Suche nach Shorteinstiegen.
Ein Versiegen des Angebots oder der Nachfrage zu ermitteln, wird im konkreten Fall schon schwieriger - zumindest wenn wir dies wirklich exakt bestimmen wollen. Hierzu müßten wir uns das Orderbuch anschauen und sowohl die gesamte Angebots- als auch Nachfragesituation beleuchten. Da wir aber möglichst effizient und vor allem einfache Regeln traden möchten, scheint der Schritt, diese Splittung zunächst außen vor zu lassen und sich lediglich die Summe dieser beiden Seiten, nämlich das Volumen anzuschauen, durchaus reizvoll. So sollte sich ein Versiegen der einen Seite (Angebot oder Nachfrage) in einem nachlassenden Volumen wiederspiegeln.

Im nächsten Schritt sollten wir unsere einfachen Regeln am Chart überprüfen. Schauen wir uns dazu einmal die letzten Wochen im S&P 500 Chart an:

Interessant sind dabei nun alle Zeitpunkte, in denen der Markt innerhalb einer Aufwärtsbewegung auf einem Hoch (Shortchance) gehandelt wird, aber das Volumen kleiner ist, als zuvor bzw. innerhalb einer Abwärtsbewegung der Markt auf einem Tief (Longchance) gehandelt wird, aber auch hier das Volumen kleiner ist, als zuvor. Solche Situationen habe ich im Chart einmal durch die roten Kreise dargestellt.

Diese zeigen, dass viele Swinghochs und -tiefs von diesen beiden Regeln erfasst wurden, aber auch nicht alle. Vor allem, dass das Hoch Anfang des Jahres nicht mit in diese Kategorie fällt, ist wenig erfreulich, denn schließlich startete hier eine massive Abwärtswelle, die neue Bärenmarkttiefs und den Ausbruch unter 741 Punkte mit sich brachte. Der Blick auf das Vorvolumen (1) offenbart jedoch, dass dieses bereits enorm niedrig war, was natürlich auf die Weihnachts- und Neujahrszeit zurückzuführen war. Das unsere Logik hier nicht griff, ist damit wohl eher dem von Natur aus unterdurchschnittlichen Volumen in dieser Ferienzeit und der Tatsache, dass das Hoch wieder mitten im „Vollhandel“ und damit unter normalen Volumenverhältnissen ausgebildet wurde, zuzuschreiben, als einem „Fehler“ der Logik.

Natürlich sind diese wenigen Beispielen noch kein Beweis für die Richtigkeit unserer Marktphilosophie, aber sie reichen zunächst einmal für eine erste positive Bestätigung. Darüber hinaus haben wir mit diesen Beispielen direkt im Chart die Möglichkeit, nach charttechnischen Gemeinsamkeiten zu suchen, um vielleicht eine weitere verstärkende Filterregel zu finden. Desweiteren könnten wir uns bereits an dieser Stelle überlegen, mit welcher konkreten Taktik wir diese Situationen hätten handeln können. So könnte eine Einstiegsregel, der natürlich noch Stoppsetzung und Exitregel hinzugefügt werden müßte, folgendermaßen lauten:

1. Hat der Markt am gestrigen Tag ein neues Hoch innerhalb einer Aufwärtsbewegung gemacht und das mit kleinerem Volumen, dann platziere für heute eine Stopp-Sell Order unter dem Tief des gestrigen Tages bzw. für Long:

2. Hat der Markt am gestrigen Tag ein neues Tief innerhalb einer Abwärtsbewegung gemacht und das mit einem kleineren Volumen, dann platziere heute eine Stopp-Buy Order über dem Hoch der gestrigen Kerze.

Eine weitere Einstiegstaktik wäre beispielsweise

3. Hat der Markt im gestrigen Handel ein neues Hoch innerhalb einer Aufwärtsbewegung gemacht und das mit kleinerem Volumen, dann handel heute nur Ausbrüche nach unten im Stundenchart. Platziere dazu im Tagesverlauf unterhalb des letzten sichtbaren Tiefs im Stundenchart eine Stopp-Sell Order. bzw. für Long:

4. Hat der Markt im gestrigen Handel ein neues Tief innerhalb einer Abwärtsbewegung gemacht und das mit kleinerem Volumen, dann handel heute nur Ausbrüch im Stundenchart auf der Longseite. Platziere dazu im Tagesverlauf eine Stopp-Buy Order über dem letzten sichtbaren Hoch im Stundenchart.

Dies sind nur zwei grundlegende Einstiegstaktiken, die wir nutzen könnten, um unsere Marktphilosophie umzusetzen. Erweitern wir diese um entsprechende Stopp- und Exitregeln, dann können wir unsere so gefundene Handelssystematik in einem Backtest überprüfen. Wenn Sie diesen Backtest von Hand durchführen, lernen sie automatisch weitere Charakterzüge des Marktes kennen und können so nicht nur die bisherigen Taktikregeln überprüfen, sondern auch gleichzeitig noch weitere zusätzliche Filterregeln ausfindig machen, sollte das Ergebnis der bisherigen Strategie nicht zum Ziel führen.

Zusammenfassung

Jeder Trader, der sich mit den Märkten befasst, hat zu diesen den ein oder anderen Gedankengang und vor allem solche, mit denen sich der Trader direkt anfreunden kann, bilden die ideale Basis für die Entwicklung der eigenen Tradingstrategie. Wie Sie von diesen einfachen Überlegungen zu einer ersten Tradingidee kommen und welche grundlegenden Schritte Sie dann gehen müssen, sollte mit dem heutigen Artikel dargelegt werden. Dabei läßt sich folgendes allgemeingültiges Schema festhalten:

Marktidee --> Übersetzung in die charttechnische Sprache --> erste visuelle Überprüfung --> Festlegen genauerer Regeln (inkl. Stoppsetzung, Ausstiegstaktik etc.) --> Überprüfung am Chart durch Backtest --> Ergebnisorientierte Anpassungen je nach Notwendigkeit --> erneute Überprüfung am Chart --> Anpassung --> ... --> Ziel erreicht.

Der Lohn für diese „Arbeit“ ist gewaltig, denn selbst wenn Sie Ihre Grundidee verwerfen müssen, Sie haben sich bis zu diesem Zeitpunkt so viele Charts angeschaut, dass Sie mit Sicherheit schon die nächsten Ideen im Kopf haben werden und mit jedem weiteren Chart den Sie sich anschauen werden, steigt Ihre Erfahrung und diese Lernschleife wird Sie mit sehr großer Sicherheit an Ihr Ziel bringen.

Viel Erfolg Rene Berteit – Technischer Analyst und Trader bei GodmodeTrader.de
Dieser Artikel stammt aus dem TradersJournal 08/09

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