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Die großen Tradingsünden Teil 3: Einstieg

Bisher haben wir uns darum gekümmert, wie man einen laufenden Trade managt. Berechnungsarten und Fehlerquellen von Stopps zur Risikobegrenzung im ersten Teil dieser Serie, und die sinnvolle Beendigung eines Trades in der Gewinnzone im zweiten Teil. Aber wie findet man überhaupt den geeigneten Einstiegspunkt?

Teil 3: Der Einstieg

Die Variationsmöglichkeiten für die Findung des persönlichen Entrysetups gehen ins Unendliche. Auch wenn zwei im gleichen Raum agierende und miteinander kommunizierende Trader die identischen Kursmuster handeln, wird langfristig unterm Strich nie das gleiche Ergebnis stehen. Das ist der Kreativität und dem Ego des Menschen zu schulden. Trader A meint irgendwann, mit Limitorders knapp außerhalb der erkannten Kursmuster besser abzuschneiden. Trader B wartet die Bestätigung eines auserwählten Indikators ab. Und ein dritter Aktiver handelt dieses Muster Intraday nur, wenn auch der übergeordnete Tageschart eine Bewegung in die gewünschte Richtung vermuten lässt. Die meisten Trader lassen sich zwar grob in Schubladen stecken, wie z.B. die Fans der

-          Trendfolge
-          Antizyklik
-          Wellentheorie
-          Scalper
-          Patterntrader
-          Fibonaccis
-          Pivots

uvm.

Meist wird es aber zu einer Vermischung diverser Ansätze kommen, das trifft auch auf meine persönliche Vorgehensweise zu. Es ist auch völlig egal welcher Theorie man sich verschreibt. Essentiell ist das Wissen um die Tatsache, dass es den einen heiligen Gral nicht gibt, und auch niemals geben wird. Wichtig ist einzig und allein, dass man seinen eigenen Stil findet, damit einen Tradingplan auf die Beine stellt, und diesen konsequent durchzieht. Mit laufender Validierung und Anpassung wenn nötig. Die einen fühlen sich als Trendfolger in der Masse wohler, wieder andere sind dauernd auf der Jagd nach den Wendepunkten im Chart. Der Kollege handelt mit vier Indikatoren im Chart, man selbst vertraut auf Candlesticks.

Diese große Vielfalt ist gleichzeitig auch Ursache für die destruktive Unsicherheit und die vielen den Entry betreffenden Fragen meiner Schützlinge in den Coachings. Die optimalen Stopps und Kursziele sind im Vergleich zum Entry relativ einfach ermittelbar. Wie und wann ein Trade aber nun tatsächlich eröffnet werden soll, zu dieser schwierigen Entscheidung muss letzten Endes jeder für sich gelangen. Dazu braucht es Lehrzeit, Lehrgeld, Geduld, Wissenshunger, Experimentierfreudigkeit und Ehrgeiz. Mentoren, Coaches oder auch Signallieferanten können und sollen hier nur Lotsen sein. Um manche Schlaglöcher herumführen, an den vielen Kreuzungen in die richtige Richtung schupsen, und Starthilfe geben wenn man droht liegen zu bleiben.

Ich persönlich würde dem Entry erst dann meine volle Aufmerksamkeit widmen, wenn der Stop Loss, der Exit und das Moneymanagement ausbalanciert wurden. Ist man dann immer noch nicht profitabel, oder zumindest weit unter den Erwartungen, liegt es meist an einem oder gar beiden der folgenden Gründe.

Overtrading & Aktionismus

Aus Langeweile, Selbstüberschätzung (ich weiß es besser als meine aufgestellten Regeln) oder weil man gerade einen Lauf hat und sich unbesiegbar fühlt, ergeben sich im Laufe der Zeit unzählige Trades, die man objektiv gesehen im Nachhinein nicht eingegangen wäre. Andersrum wirft man in Panik an rabenschwarzen Tagen auch schon mal seit Setup über Bord und ignoriert Stoppkurse. Oder saugt sich fragwürdige Einstiegspunkte aus den Fingern, im verzweifelten Versuch schmerzhafte Verluste auf Teufel komm raus wieder aufholen zu wollen. Auch die Abhängigkeit vom Tradingeinkommen fürs tägliche Überleben ist ein grober Fauxpas und führt zwangsläufig zu schlechten Entscheidungen.

Planlosigkeit & Sprunghaftigkeit

Die meisten Einsteiger können es kaum erwarten, aktiv ihr erstes Geld einzusetzen. Ein Buch über Candlesticks liegt frisch geliefert auf dem Tisch, die ersten Formationen sind im Kopf gespeichert. Alten ausgedruckten Charts hätte man mit links Gewinn abgerungen, also los geht's mit dem ersten CFD-Account. Nach den zwangsläufig auftretenden Verlusten sucht man die Schuld bei den Candlesticks und dem eher langweiligen 60min-Zeitfenster. Dann versucht man eben 5min-Charts und handelt nur klare Trendbrüche. Bekommt man hier zweifellos ebenfalls auf die Mütze, fühlt man sich von einem „System" angezogen, welches in diversen Foren propagiert wird. Wer nicht den Nerv und die Besonnenheit hat, seine Strategien kleinlaut am Papier und dann mit Minikonten auf Herz und Nieren zu testen, wird lange Zeit nur Rückschläge erleben.

Plane deinen Trade, und trade deinen Plan. Dieser Leitspruch kann nicht oft genug wiederholt werden.

Ist man sich unsicher, ob die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Abschluss gegeben sind, sollte man sich Folgendes fragen: „Wenn dieser Trade in die Hose geht, habe ich mir dann im Nachhinein etwas vorzuwerfen?" Lautet die Antwort Ja, weil ein Widerstand in der Nähe liegt, das Volumen ausgetrocknet oder der Docht der aktuellen Kerze mehr als verdächtig ist, dann besser Finger weg. Gelegenheiten gibt es genug und sie kehren immer wieder, Disziplin und Geduld werden definitiv belohnt.
Wir werden uns jetzt mittels Beispielen aus meinen Coachings ansehen, wie simple Einstiegsfilter oft hilfreiche Anker sein können, indem sie einen von unzähligen unbedachten und überflüssigen Trades abhalten.

Fallbeispiel 5

Dieser Klient kauft sich gerne in Korrekturen im 30min-Chart ein, und nimmt dabei die Bollinger Bänder und Umkehrstäbe zu Hilfe. Nach der Arbeit am Risiko-, Exit- und Moneymanagement haben wir schon sehr schöne Verbesserungen erzielen können. Danach wollten wir uns aber noch ansehen, was ein simpler Trendfilter im untergeordneten 5min-Zeitfenster bewirken kann. Zeichnet sich ein Signal ab, wird also in den Chart gezoomt und folgende Regel angewandt: keine Shorttrades wenn höhere Hochs auf höhere Tiefs folgen. Und vice versa für Longtrades. Keep It Simple, das ist die pure Definition eines Trends an sich. Abb 1. zeigt einen der dadurch gefilterten Shorttrades.

Diese verständliche und leicht nachvollziehbare Einschränkung katapultierte den Profit Faktor von 1,8 auf 3,4 und die Trefferquote von 60 auf 71%. Nachteile gibt es dabei keine, ein kompromissloser Schritt nach vorne.

Fallbeispiel 6

Diesen Klienten habe ich schon im ersten Teil der Serie vorgestellt. Bisher wurde ohne Stoppkurs gehandelt, diese nervliche Belastung wurde mit einem passenden Setup ausgemerzt. Die Einstiegssignale stammen zum größten Teil von einem Börsenbrief. Danach folgt ein Blick auf den Chartverlauf und die aktuellen News, das letzte Wort hat dann das Bauchgefühl. Die Ergebnisse waren schon sehr brauchbar, gemeinsam versuchten wir aber noch, fehlerbehaftete Trades zu eliminieren. Und zwar nicht anhand von Indikatoren wie den Bollinger Bändern oder gleitenden Durchschnitten, sondern dem nackten Chartbild. Die drei formulierten Regeln lauteten

-          Trades nur in Trendrichtung
-          Drohende Widerstände und Unterstützungen berücksichtigen
-          Hände weg von langweiligen und undynamischen Phasen

Abb. 2 zeigt zwei gefilterte Shorttrades im starken Aufwärtstrend. Und Abb. 3 spiegelt den Versuch der Vorwegnahme eines Trends wider. Beide Male wurde auf steigende Kurse gesetzt. Dabei zeigte der übergeordnete Trend ziemlich deutlich gen Süden. Viel schwerer wiegen aber die kurzfristige Richtungslosigkeit und die zahlreichen Widerstände auf dem erhofften Weg nach oben.

Der Lohn der Mühen: unter stärkerer Berücksichtigung der Charttechnik wäre beinahe jeder 3. Trade durch das Raster gefallen, und hier gingen wir noch relativ großzügig vor bei der Umsetzung dieser Regeln. Bei einem Drittel weniger Trades wuchs der Profit um das gleiche Maß an. Wirklich schön anzusehen war allerdings endlich die Ertragskurve. Sehr regelmäßige Steigung ohne die zuvor unschönen Dellen und hohen Drawdownphasen. 

Fazit & Vorschau

In diesen und anderen Fällen haben die Grundregeln der charttechnischen Analyse hervorragende Dienste geleistet. Weiters sind unzählige Einsatzmöglichkeiten von Indikatoren oder Kombinationen daraus denkbar. Solange die weiter oben angesprochenen Tradingsünden im Auge behalten werden, und die Gesamtabstimmung der Strategie fundiert und ausgewogen ist, sollte der Einstiegspunkt nie der größte Schwachpunkt eines Traders sein.

Universell einsetzbare Strategien gibt es leider keine. Trendfolger bringen meist mit schön swingenden Underlyings wie diversen Aktien ihre Schäflein ins Trockene. Forextrader im kurzfristigen Intradaybereich vertrauen oft auf Kursmuster oder Pivotmarken, müssen die News im Auge behalten und lassen während bestimmter Tageszeiten die Finger von der Tastatur. Gerade aufgrund dieser Diversität empfehle ich Rat suchenden Tradern meist, sich anfangs auf bestimmte Underlyings und Zeitfenster zu konzentrieren. Deren Eigenarten und Bewegungsmuster zu studieren und erst dann mit einer geeigneten Strategie versuchen auszunutzen. Zuerst am Papier und später dann mit kleinen Stückzahlen in der Praxis. Der Entry ist meist zu Unrecht der große Sündenbock einer mangelhaften Vorgehensweise. So nehme ich mir diesen in den Coachings auch immer erst nach dem Risiko- und Exitmanagement an die Brust. Doch letzten Endes können die Stopps und Kursziele noch so optimal liegen, wenn der Einstiegspunkt dauernd schlecht getimt ist, werden die Verluste kein Ende nehmen. Mit wenigen unter anderem in diesem Artikel demonstrierten Filtern wird aber immer eine Verbesserung möglich sein. Bei dem Einen vielleicht nur ein kleiner Schritt auf dem Weg nach oben, bei Anderen oft aber ein ganz entscheidender.

Zum Abschluss dieser Serie wollen wir uns in der nächsten Ausgabe ansehen, wie sich verschiedene Positionsgrößenmodelle auf die Equity auswirken, und welche Methoden am sinnvollsten sind.

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